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Notwegerecht über das Grundstück des Nachbarn

Aktualisiert: 4. Feb.

Das Notwegerecht ist eine gesetzlich verankerte Regelung, die es einem Grundstückseigentümer ermöglicht, über ein Nachbargrundstück zu gelangen, wenn sein eigenes Grundstück nicht direkt an eine öffentliche Straße angebunden ist. Es stellt sicher, dass auch sogenannte hinterliegende Grundstücke erreichbar bleiben und einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden können. Das Notwegerecht ist jedoch an strenge rechtliche Voraussetzungen geknüpft und kann nicht uneingeschränkt beansprucht werden.

Dieses Dokument erläutert die gesetzlichen Grundlagen, den Umfang und die Grenzen des Notwegerechts sowie die Rechte und Pflichten der betroffenen Grundstückseigentümer.

 

Rechtliche Grundlagen des Notwegerechts

Das Notwegerecht ist in § 917 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt und sieht vor:

  • Ein Grundstückseigentümer hat das Recht, über das benachbarte Grundstück zu gehen oder zu fahren, wenn sein eigenes Grundstück sonst nicht ordnungsgemäß genutzt werden kann.

  • Der Notweg muss so gewählt werden, dass die geringstmögliche Belastung für den Eigentümer des belasteten Grundstücks entsteht.

  • Eine angemessene Entschädigung ist dem belasteten Grundstückseigentümer zu zahlen, damit die Nutzung seines Grundstücks nicht unentgeltlich erfolgen muss.


Weitere relevante gesetzliche Bestimmungen:

  • § 918 BGB: Regelt das Erlöschen des Notwegerechts, beispielsweise wenn eine alternative Zuwegung geschaffen wird.

  • Baugesetzbuch (BauGB) § 19: Enthält Regelungen zu Erschließungsmaßnahmen, die einen Einfluss auf die Notwendigkeit eines Notwegerechts haben können.

  • Landesbauordnungen (LBO): Diese definieren je nach Bundesland, welche Anforderungen an Grundstückszugänge bestehen und ob es alternative Erschließungsmöglichkeiten gibt.

  • Grundbuchordnung (GBO): Klärt die Möglichkeit einer Grundbucheintragung für das Notwegerecht.

 

Voraussetzungen für ein Notwegerecht

Ein Notwegerecht kann nur dann beansprucht werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Fehlender Zugang zu einer öffentlichen Straße: Das Grundstück darf keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Verkehrsfläche haben.

  • Erforderlichkeit: Das Notwegerecht darf nur in dem Umfang genutzt werden, wie es zur zweckmäßigen Nutzung des Grundstücks notwendig ist.

  • Kein selbstverschuldeter Ausschluss der Zuwegung: Falls ein Eigentümer einen bestehenden Zugang durch Verkauf oder Bebauung selbst beseitigt hat, entfällt der Anspruch auf ein Notwegerecht.

  • Minimale Belastung des Nachbargrundstücks: Der Notweg darf das betroffene Grundstück nicht unnötig beeinträchtigen. Es muss eine möglichst schonende Lösung gewählt werden.

 

Umfang und Nutzung des Notwegerechts

Das Notwegerecht kann verschiedene Arten der Nutzung umfassen:

  • Fußgänger- und Fahrzeugverkehr: Die Nutzung kann sowohl für Fußgänger als auch für Kraftfahrzeuge erforderlich sein.

  • Berechtigung für Dritte: Neben dem Grundstückseigentümer können auch Mieter, Gäste oder Lieferdienste den Notweg nutzen.

  • Bauliche Anpassungen: Falls notwendig, kann der Nutzer verlangen, dass der Notweg befestigt oder ausgebaut wird, um eine sichere Nutzung zu gewährleisten.

  • Pflege- und Instandhaltungsverpflichtungen: Der Nutzer des Notwegs ist in der Regel für die Pflege und Erhaltung verantwortlich.

 

Entschädigung für den belasteten Grundstückseigentümer

Der Eigentümer des Grundstücks, über das der Notweg verläuft, hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung gemäß § 917 Abs. 2 BGB. Die Höhe der Entschädigung hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Ausmaß der Belastung: Eine intensive Nutzung kann eine höhere Entschädigung rechtfertigen.

  • Dauer der Nutzung: Eine dauerhafte Beanspruchung führt zu einer höheren Entschädigungsleistung.

  • Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des belasteten Grundstücks: Falls das Notwegerecht eine Bebauung oder andere Nutzungsmöglichkeiten einschränkt, kann dies die Entschädigung beeinflussen.

  • Wertsteigerung des begünstigten Grundstücks: Wenn das Notwegerecht erheblich zur Nutzbarkeit beiträgt, kann eine höhere Zahlung verlangt werden.

 

Eintragung des Notwegerechts ins Grundbuch

Ein Notwegerecht muss nicht zwingend im Grundbuch eingetragen werden, kann aber durch eine Grunddienstbarkeit gesichert werden. Vorteile einer Eintragung:

  • Rechtssicherheit für beide Parteien

  • Klärung von Pflichten und Rechten

  • Sicherstellung der Nutzbarkeit bei Eigentümerwechsel

Die Eintragung erfolgt entweder durch eine vertragliche Einigung zwischen den Grundstückseigentümern oder durch eine gerichtliche Entscheidung, falls keine Einigung erzielt werden kann.

 

Streitigkeiten und gerichtliche Durchsetzung

Häufige Streitpunkte im Zusammenhang mit dem Notwegerecht:

  • Verweigerung des Zugangs: Falls der belastete Eigentümer den Zugang verweigert, kann eine gerichtliche Klärung notwendig sein.

  • Uneinigkeit über die Entschädigung: Falls keine Einigung erzielt wird, kann das Gericht eine angemessene Entschädigung festlegen.

  • Erweiterung oder Missbrauch des Notwegs: Eine über den notwendigen Umfang hinausgehende Nutzung kann untersagt werden.


Möglichkeiten zur Konfliktlösung:

  • Mediation oder außergerichtliche Einigung: Eine frühzeitige Einigung kann gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden.

  • Unterlassungsklage nach § 1004 BGB: Falls der Notweg unrechtmäßig blockiert wird.

  • Feststellungsklage: Falls Uneinigkeit darüber besteht, ob ein Notwegerecht überhaupt besteht.

 

Erlöschen des Notwegerechts

Das Notwegerecht ist nicht auf Dauer garantiert und erlischt unter folgenden Umständen:

  • Schaffung einer alternativen Zuwegung: Falls der Grundstückseigentümer eine eigene Erschließung herstellen kann.

  • Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen: Falls sich durch eine neue Bebauungsplanung die Notwendigkeit des Notwegs erledigt.

  • Vereinbarung zwischen den Eigentümern: Falls sich die Parteien auf eine einvernehmliche Aufhebung des Notwegerechts einigen.

 

Fazit

Das Notwegerecht ist eine bedeutende gesetzliche Regelung, um die Erreichbarkeit von Grundstücken sicherzustellen, die keine direkte Anbindung an das öffentliche Straßennetz haben. Es basiert auf dem Grundsatz der notwendigen Duldung, geht jedoch mit Rechten und Pflichten für beide beteiligten Parteien einher.

Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Grundstückseigentümer frühzeitig eine einvernehmliche Lösung anstreben. Falls dies nicht möglich ist, kann eine gerichtliche Klärung erforderlich sein, um die rechtmäßige Nutzung des Notwegs sicherzustellen. Die Eintragung im Grundbuch kann zudem langfristige Sicherheit bieten und mögliche Konflikte im Vorfeld vermeiden.

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